Einkünfte des Erben aus künstlerischer Tätigkeit des Erblassers
Einkünfte aus einer ehemaligen künstlerischen Tätigkeit gehören beim Erben des Künstlers auch dann zu den Einkünften aus künstlerischer Tätigkeit, wenn der Erbe nicht selbst Künstler ist (vgl. Urt. des BFH v. 29.04.1993 – IV R 16/92, BStBl. II 1993, 716). Einnahmen des Erben für die Übertragung von Verwertungsrechten i.S.d. §§ 15 ff. UrhG und den Verzicht auf die Ausübung von Urheberpersönlichkeitsrechten i.S.d. §§ 12 ff. UrhG, die aus der ehemaligen künstlerischen Tätigkeit des Erblassers resultieren, sind als nachträgliche Betriebseinnahmen aus selbständiger Arbeit zu versteuern.
Die Urheberrechte an den Kunstwerken gehören auch hinsichtlich der Urheberpersönlichkeitsrechte i.S.d. §§ 12 ff. UrhG zum Betriebsvermögen des Erblassers.
FG Düsseldorf v. 26.9.2013 – 13 K 472/12 E, rkr.
Das Problem: Die Witwe eines Künstlers verkaufte gegen eine Ablösezahlung Verwertungsrechte i.S.d. §§ 15 ff. UrhG an Kunstwerken, die ihr verstorbener Mann geschaffen hatte; außerdem trat sie entgeltlich Zahlungsansprüche ggü. der Bild-Kunst (§ 4 lit. a des Ablösevertrags) ab und verzichtete auf die Ausübung der Urheberpersönlichkeitsrechte i.S.d. §§ 12 ff. UrhG (§ 4 lit. b des Ablösevertrags). Die Frage war, ob die Zahlungen in vollem Umfang als Betriebseinnahmen aus künstlerischer Tätigkeit erfasst und besteuert werden können.
Die Lösung des Gerichts: Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehören nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 24 Nr. 2 auch solche aus einer ehemaligen freiberuflichen Tätigkeit, und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger/Erben zufließen und wenn der Erbe nicht selbst Künstler ist.
Betriebseinnahmen: Das FG sah die Einnahmen vollumfänglich als Betriebseinnahmen an; d.h. sowohl im Hinblick auf die Übertragung der Verwertungsrechte i.S.d. §§ 15 ff. UrhG und der Abtretung der Zahlungsansprüche ggü. der Bild-Kunst (§ 4 lit. a des Ablösevertrags) als auch im Hinblick auf den Verzicht auf die Ausübung der Urheberpersönlichkeitsrechte i.S.d. §§ 12 ff. UrhG (§ 4 lit. b des Ablösevertrags). Die Urheberrechte an den Kunstwerken gehörten in vollem Umfang – und nicht nur hinsichtlich der Verwertungsrechte i.S.d. §§ 15 ff. UrhG – zum Betriebsvermögen des Erblassers.
Im Gegensatz zu dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht eines Prominenten besteht bei den Urheberpersönlichkeitsrechten eines Künstlers der wirtschaftliche Zusammenhang mit dem Betrieb bereits darin, dass der Künstler das Kunstwerk i.R. dieses Betriebs geschaffen hat. Deshalb ist eine Aufspaltung des Urheberrechts eines Künstlers in der Weise, dass die Verwertungsrechte (§15 ff. UrhG) zum Betriebsvermögen, die Urheberpersönlichkeitsrechte (§§ 12 bis 14 UrhG) jedoch zum Privatvermögen zu rechnen sind, nicht möglich.
Konsequenzen für die Praxis: Betriebseinnahmen beim Rechtsnachfolger: Mit dem Tod des Erblassers/Künstlers wird der Betrieb (freiberufliche künstlerische Tätigkeit) nicht zwangsläufig aufgegeben; d.h. somit keine Entnahme des Nachlasses durch den Erben im Todesjahr; das Betriebsvermögen wird nicht zwangsläufig notwendiges Privatvermögen (dazu grundlegend BFH v. 15.11.2006 – XI R 6/06, BFH/NV 2007, 436). Betriebseinnahmen einer künstlerischen Tätigkeit liegen beim Erben/Rechtsnachfolger z.B. vor, bei
- Veräußerungserlösen, wenn der Erbe die von dem Erblasser geschaffenen Kunstwerke veräußert,
- Zahlungen der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) erhält,
- Schadensersatzleistungen für die Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts,
- (Ablöse-)Zahlungen für die Übertragung der Verwertungsrechte i.S.d. §§ 15 ff. UrhG und die Abtretung der Zahlungsansprüche ggü. der Bild-Kunst (§ 4 lit. a des Ablösevertrags),
- Zahlungen für den Verzicht auf die Ausübung der Urheberpersönlichkeitsrechte i.S.d. §§ 12 ff. UrhG.
Betriebseinnahmen liegen bspw. nicht vor, wenn der Erbe die von dem Erblasser geschaffenen Wirtschaftsgüter vor der Übertragung aus dem Betriebsvermögen – mit der Folge der Versteuerung der darin enthaltenen stillen Reserven – entnommen hat.
Beratungskosten: Entstehen bei Ausarbeitung/Vereinbarung eines Veräußerungs-/Ablösevertrags Beratungskosten, sind diese entspr. als Betriebsausgaben abziehbar.
Beraterhinweis: Ertragsbesteuerung: Das Urteil fasst in anschaulicher Weise die Grundsätze der Ertragsbesteuerung bei Erben von Künstlern zusammen. Grundsätzlich vorteilhaft ist, dass mit dem Tod des Künstlers keine Zwangsaufgabe des „Betriebs“ eintritt.
Erbschaftsteuerlich ist vorteilhaft, dass das ererbte „Betriebsvermögen“ im Erbfall und bei Weitervererben/Weiterschenken gem. §§ 13a, 13b ErbStG grundsätzlich begünstigt sein kann.
Behaltensfristen: Die Begünstigungen stehen insb. unter dem Vorbehalt von Behaltensfristen. Das „Behalten“ des künstlerischen Betriebs bedeutet m.E. aber nicht, dass ererbte Kunstwerke, Verwertungsrechte nicht verkauft werden könnten. Nur wenn im Zuge einer Abwicklung innerhalb der maßgeblichen Behaltensfrist der Betrieb aufgegeben würde oder wenn danach gar kein Betriebsvermögen oder keine wesentlichen Betriebsgrundlagen mehr vorhanden wären, käme eine anteilige Nachversteuerung in Betracht (enger BFH v. 27.5.2009 – II R 53/07, BStBl. II 2009, 852 = ErbStB 2009, 372 m. Komm. Halaczinsky).
Erben sollten bedenken, dass im nachhinein noch ertragsteuerbare Vorgänge des Künstlers zu Tage treten und dadurch nachträglich Steuernachforderungen entstehen können. Um den Abzug derartiger Steuernachforderungen gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG sicherzustellen sollte darauf hingewirkt werden, dass die Erbschaftsteuer eventuell unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird, da die Berücksichtigung nach bestandskräftiger Erbschaftsteuerfestsetzung kaum möglich ist (BFH v. 14.12.2004 – II R 35/03, BFH/NV 2005, 1093 = ErbStB 2005, 147 m. Komm. Heinrichs¬hofen).
Grundsätzliches zum Thema Halaczinsky, Der Erwerb von Urheberrechten, ErbStB 2010, 309; Schulze zur Wiesche; Erbschaft- und schenkungsteuerliche Folgen der Übertragung von freiberuflichen Betriebsvermögen, UVR 2010, 183; Hoheisel/Graf Nesselrode, Kunst im Betriebsvermögen und Erbschaftsteuer, DStR 2011, 441.
RA Raymond Halaczinsky, Bonn
Service: BFH v. 27.5.2009 – II R 53/07, ErbStB 2009, 372; BFH v. 15.11.2006 – XI R 6/06; BFH v. 14.12.2004 – II R 35/03, ErbStB 2005, 147; FG Düsseldorf v. 26.9.2013 – 13 K 472/12 E; Halaczinsky, Der Erwerb von Urheberrechten, ErbStB 2010, 309 abrufbar unter www.steuerberater-center.de