Otto Schmidt Verlag


Aktuell im AO-StB

Fallstricke bei Änderungsanträgen des Steuerpflichtigen gem. § 164 Abs. 2 S. 2 AO (Lebelt/Tiede, AO-StB 2023, 175)

Durch den Vorbehalt der Nachprüfung wird dem FA gem. § 164 Abs. 2 Satz 1 AO eine Änderungsmöglichkeit des Bescheids eingeräumt. Der Steuerpflichtige kann nach § 164 Abs. 2 Satz 2 AO jederzeit alle denkbaren Einwände gegen die Steuerfestsetzung geltend machen. Trotz des gesetzlich konzipierten einfachen Änderungszugangs kann es tückische Fallgestaltungen geben, in denen man mit seinen Einwendungen nicht (mehr) durchdringen kann.


I. Grundlagen des Antragsrechts gem. § 164 Abs. 2 S. 2 AO

II. Auswirkungen der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung auf laufende Änderungsanträge

1. Grundsachverhalt (Aufhebung des VdN gem. § 164 Abs. 1 AO ohne Entscheidung über den Änderungsantrag)

a) Ausgangsbeispiel

b) Rechtswidriger, aber wirksamer Aufhebungsbescheid

c) Auswirkungen auf den noch offenen Änderungsantrag

d) Notwendigkeit des Einspruchs gegen den Aufhebungsbescheid

e) Fehlender Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid

f) Ergebnis

2. Abwandlung des Grundsachverhalts (Unwirksamkeit des Änderungsbescheids)

a) Abgewandelter Sachverhalt

b) Aufhebungsbescheid zementiert die wirksame (höhere) Steuerfestsetzung

c) Einspruch gegen den Aufhebungsbescheid

d) Ergebnis

III. Wiederholung eines bestandskräftig abgelehnten Änderungsbegehrens

1. Grundsachverhalt (Bestandskräftige Ablehnung)

a) Ausgangsbeispiel

b) Nach dem Gesetzeswortlaut keine Beschränkung auf einen einmaligen Antrag

c) Bestandskraft eines dem Wiederholungsantrag vorausgehenden Ablehnungsbescheids

d) Reichweite der entgegenstehenden Bestands- und Rechtskraft

e) Ergebnis

2. Erste Abwandlung (inhaltsgleicher Änderungsantrag nach einer Einspruchsentscheidung)

a) Abgewandelter Sachverhalt

b) Differenzierende Betrachtung

c) Ergebnis

3. Zweite Abwandlung (bestandskräftige Ablehnung, inhaltsgleicher Änderungsantrag im Einspruchsverfahren gegen die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung)

a) Abgewandelter Sachverhalt

b) Ausschluss durch Bestandskraft des Ablehnungsbescheids

c) Ergebnis

IV. Zusammenfassung


I. Grundlagen des Antragsrechts gem. § 164 Abs. 2 S. 2 AO

Verhinderung der materiellen Bestandskraft: Der Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) gem. § 164 Abs. 1 AO gehört zu den bewährten Werkzeugen des steuerlichen Verfahrensrechts. Er führt dazu, dass der Bescheid, der unter dem VdN ergeht, zwar mit Ablauf der Monatsfrist formell bestandskräftig wird, aber gleichwohl ohne weitere verfahrensrechtliche Hürden geändert werden kann, wenn er sich als materiell-rechtlich falsch erweist. Der VdN verhindert damit den Eintritt der materiellen Bestandskraft.

Voraussetzungen und Rechtsfolgen des VdN sind in der Praxis weitgehend unproblematisch: Der VdN wirkt zugunsten und zuungunsten der Beteiligten. Dem FA wird gem. § 164 Abs. 2 S. 1 AO eine Änderungsmöglichkeit des Bescheids eingeräumt.

Beraterhinweis Der Steuerpflichtige kann nach § 164 Abs. 2 S. 2 AO jederzeit die Aufhebung der Änderung der Steuerfestsetzung beantragen und dabei alle denkbaren Einwände gegen die Steuerfestsetzung geltend machen. Er kann neue Tatsachen vorbringen, seine eigene Rechtsauffassung ändern oder an eine geänderte Rechtsprechung, eine neue Beweislage oder eine veränderte Interessenlage anpassen. Er kann auch steuerliche Wahlrechte neu ausüben, sofern das materielle Recht dies ermöglicht. Das ist z.B. hinsichtlich der Inanspruchnahme der Freibeträge nach § 16 Abs. 4 EStG und § 34 Abs. 3 EStG (einmalige Freibeträge nach Vollendung des 55. Lebensjahrs) der Fall, nicht hingegen hinsichtlich des Optionsrechts nach § 19 Abs. 2 S. 1 UStG (Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung).

Das FA muss nicht sofort über den Antrag entscheiden, sondern darf die Entscheidung bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls hinausschieben (§ 164 Abs. 2 S. 3 AO). Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird durch den Änderungsantrag nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt. Zwar muss das FA in angemessener Frist entscheiden. Dies ist aber eine bloße Appellvorschrift (Rüsken in Klein, AO, 16. Aufl. 2022, § 164 Rz. 36), da die Angemessenheit ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, der einzelfallabhängig mit Inhalt zu füllen ist.

Trotz des gesetzlich konzipierten einfachen Änderungszugangs kann es tückische Fallgestaltungen geben, in denen man mit seinen Einwendungen nicht (mehr) durchdringen kann.

II. Auswirkungen der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung auf laufende Änderungsanträge

1. Grundsachverhalt (Aufhebung des VdN gem. § 164 Abs. 1 AO ohne Entscheidung über den Änderungsantrag)

a) Ausgangsbeispiel


So stellt sich die Frage, wie mit Fällen umzugehen ist, in denen das FA den VdN aufhebt, ohne dass über einen zuvor gestellten Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 S. 2 AO bereits entschieden wurde.

Beispiel: (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.06.2023 14:57
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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