Otto Schmidt Verlag


FG Niedersachsen v. 30.10.2024 - 3 K 145/23

Berücksichtigung von Vorfälligkeitsentschädigungen als Werbungskosten bei Mieteinkünften

Wird ein zur Finanzierung eines vermieteten Grundstücks aufgenommenes Darlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung getilgt, das Grundstück jedoch weiterhin zur Vermietung genutzt, dann ist die Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.

Der Sachverhalt:
Das klagende Ehepaar erzielt neben Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus insgesamt fünf Vermietungsobjekten. Im Jahr 2020 veräußerten die Kläger eine Immobilie. Im Zuge dieser Veräußerung lösten sie zwei Darlehen für zwei Objekte ab, denn die Bank war nicht bereit, den Wegfall des "Sicherungsobjektes" hinzunehmen oder durch eine andere Sicherung zu ersetzen. Dafür fielen Vorfälligkeitsentschädigungen an; und zwar 4.337 € und 4.279 € sowie für jedes Darlehen 200 € Bearbeitungskosten, in Summe somit rund 9.017 €.

In ihrer Einkommensteuererklärung erklärten die Kläger für die zwei Objekte unter Berücksichtigung der Vorfälligkeitsentschädigungen und Bearbeitungsgebühren Werbungskostenüberschüsse, wobei auf die Klägerin und den Kläger jeweils 50 % der Beträge entfielen. Das Finanzamt setzte die Einkommensteuer für 2020 fest und wich von den Angaben der Kläger in der Steuererklärung ab. So berücksichtigte die Behörde die Vorfälligkeitsentschädigungen und Bearbeitungsgebühren nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Das FG hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben.

Die Gründe:
Zu Unrecht hat das Finanzamt die von den Klägern gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen und Bearbeitungsgebühren bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht als Werbungskosten berücksichtigt.

Der Begriff der Schuldzinsen umfasst auch eine zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung, denn diese sind ein Nutzungsentgelt für das auf die verkürzte Laufzeit in Anspruch genommene Fremdkapital (vgl. BFH-Urt. v. 11.2.2014, IX R 42/13). Demgemäß unterfallen Vorfälligkeitsentschädigungen auch dem ertragsteuerrechtlichen Schuldzinsenbegriff mit der weiteren Folge, dass sie nur dann als Werbungskosten anzuerkennen sind, wenn sie i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, d.h. durch die Erzielung steuerbarer Einnahmen veranlasst sind (BFH-Urt. v. 14.1.2004, IX R 34/01 und vom 6.12.2005, VIII R 34/04).

Maßgeblich für die Beurteilung als Werbungskosten ist das sog. "auslösende Moment" für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung. Für die Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen (Zinsen und Bearbeitungskosten) ist das "auslösende Moment" der Abschluss der Änderungsvereinbarung mit dem Kreditinstitut, mit welcher die Laufzeit des Darlehens verkürzt wird, was dann zum Anfall der Vorfälligkeitsentschädigungen führt. Besteht die Verpflichtung des Darlehensgebers, in eine vertragliche Änderungsvereinbarung und, damit einhergehend, in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen, gerade deshalb, weil für eine beabsichtigte Grundstücksveräußerung eine Ablösung des Kredits und der damit zusammenhängenden grundpfandrechtlichen Belastung erforderlich ist, liegt ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Veräußerung des Grundstücks vor.

Bei der Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Zuge der Veräußerung von Immobilien wird daher der ggf. bestehende - durch die Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung der Anschaffungskosten einer der Vermietung dienenden Immobilie begründete - wirtschaftliche Zusammenhang mit einer bisherigen Vermietungstätigkeit überlagert bzw. ersetzt von einem neuen, durch die Veräußerung ausgelösten Veranlassungszusammenhang. Wird aber ein zur Finanzierung eines vermieteten Grundstücks aufgenommenes Darlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung getilgt, das Grundstück weiterhin zur Vermietung genutzt, ist die Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar (vgl. BFH-Urt. v. 6.12.2005, VIII R 34/04).

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 13.02.2025 15:34
Quelle: Niedersächsisches Landesjustizportal

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