Otto Schmidt Verlag


FG Niedersachsen v. 11.12.2024 - 9 K 83/24

Betriebsausgabenabzug im Zusammenhang mit dem Betrieb von steuerfreien Photovoltaikanlagen

Werden beim Betrieb einer nach § 3 Nr. 72 EStG steuerbefreiten Photovoltaikanlage in den Veranlagungszeiträumen vor 2022 erzielte Einspeisevergütungen im Jahr 2022 zurückgezahlt, ist die Rückzahlung als Betriebsausgabe abzugsfähig. Der Betriebsausgabenabzug ist nicht nach § 3c Abs. 1 EStG eingeschränkt. Die Regelung des § 3 Nr. 72 Satz 2 EStG enthält kein Gewinnermittlungsverbot und schränkt einen gegebenen Betriebsausgabenabzug nicht ein.

Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eheleute, die im Jahr 2014 als Ehegatten-GbR eine Photovoltaikanlage erworben hatten. Die GbR ermittelte ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung. Aufgrund einer im Streitjahr 2022 geleisteten Rückzahlung von Einspeisevergütungen aus den Vorjahren stellte sich die Frage, ob diese Rückzahlung steuermindernd als Betriebsausgabe berücksichtigt werden kann, obwohl die Betriebseinnahmen aus der Photovoltaikanlage durch die Einführung des § 37 Nr. 72 Satz 1 EStG mit Wirkung ab dem Januar 2022 steuerfrei gestellt sind.

Das Finanzamt sah für das Streitjahr - aufgrund der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 72 EStG - von der Durchführung eines einheitlich und gesonderten Feststellungsverfahrens ab. Im Einkommensteuerbescheid 2022 ließ die Behörde die erklärten gewerblichen Verluste unberücksichtigt. Die Kläger meinten, dass die zurückzuzahlenden Einspeisevergütungen als Betriebsausgaben zu berücksichtigen seien. Die Rückforderung sei aufgrund eines fehlerhaften, defekten Zählers entstanden. Die Aufwendungen stünden nicht im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den im Jahr 2022 erzielten steuerfreien Betriebseinnahmen, sondern im Zusammenhang mit der fehlerhaften Ermittlung der Einkünfte der Vorjahre.

Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde  wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Zahl der betroffenen Steuerpflichtigen die Revision zugelassen. Das Verfahren wird beim BFH unter dem Az.: X R 2/25 geführt.

Die Gründe:
Zu Unrecht hat das Finanzamt bei der Ermittlung des Gewinns der GbR die Rückzahlung der überzahlten Einspeisevergütungen der Vorjahre nicht als Betriebsausgabe berücksichtigt.

§ 3c Abs. 1 EStG steht einer Abzugsfähigkeit nicht entgegen, da diese Norm den Betriebsausgabenabzug nur ausschließt, wenn die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebseinnahmen steuerfrei sind. Da die ursprünglichen Einnahmen aus den Einspeisevergütungen vor 2022 steuerpflichtig waren, entfällt eine Anwendung dieser Regelung.

Zudem enthält § 3 Nr. 72 Satz 2 EStG nach Auffassung des Gerichts kein generelles Gewinnermittlungsverbot. Die Vorschrift entlastet den Betreiber eines „Nur-Photovoltaikbetriebs“ lediglich von der Erstellung einer Gewinnermittlung. Daher bleibt die Rückzahlung einer früher versteuerten Betriebseinnahme auch dann als Betriebsausgabe abzugsfähig, wenn spätere Betriebseinnahmen von der Steuer befreit sind.

Die Revision war gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf die Zahl der betroffenen Steuerpflichtigen zuzulassen. Die streitige Rechtsfrage ist höchstrichterlich nicht geklärt. Ferner weicht die Entscheidung des Senats vom Urteil des FG Nürnberg vom 19.9.2024 (Az. 4 K 1440/23, Revision beim BFH anhängig unter dem Az. III R 35/24) ab.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 20.02.2025 12:44
Quelle: FG Niedersachsen Newsletter v. 19.2.2025

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